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Im Jahr 2015 steht die brasilianische Metropole Rio de Janeiro zwischen zwei bezeichnenden Ereignissen: die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016. Diese Megasportevents motivieren breit angelegte Veränderungen auf sozialer, politischer und kultureller Ebene. Diese manifestieren sich insbesondere in einer Neuorientierung der Stadtplanung. Hierbei nimmt die Umgestaltung von Favelas eine zentrale Rolle ein und bietet somit ein vielseitiges, höchst brisantes Themengeflecht.

 

In Rio de Janeiro leben derzeit ca. 6,3 Millionen Menschen, ca. 1,4 Millionen von diesen haben ihren Wohnsitz in informellen Stadtvierteln - den rund tausend sogenannten Favelas. Mit von Gewalt und Kriminalität gezeichneten Stereotypen galten diese Bereiche der »Cidade Maravilhosa« als für Außenstehende nicht begehbare und zu meidende Orte. Diese in sich geschlossenen Mikrokosmen grenzten sich bislang trotz unmittelbarer geografischer Nachbarschaft von der formellen Stadt ab. Im Zuge der Vorbereitungen auf die Fifa WM 2014 und die Olympiade 2016 werden seit 2008 zahlreiche Favelas von staatlichen Sicherheitsbehörden befriedet und von den vorherrschenden Drogenkartellen »befreit«. Durch die fortschreitende Formalisierung dieser Stadtteile entsteht ein zuvor nicht dagewesenes Nutzungspotential, welches einerseits den Lebensalltag der Favelabewohner tiefgründig verändert, und andererseits neuen Akteuren Zugang ermöglicht bzw. erleichtert. In diesem Zusammenhang wird zunehmend von einem Prozess der Gentrifizierung gesprochen.

 

Diesen komplexen Prozess möchten wir anhand eines spezifischen Phänomens beobachten und dokumentiren: dem Favela -Tourismus. Seit Beginn der Befriedungskampagnen wird ein Zuwachs an »guided tours« für Touristen innerhalb veschiedener Favelas registriert. Unser Vorhaben besteht darin zu dokumentieren, wie diese »Revitalisierungsprozesse« sich einerseits auf soziokultureller Ebene in der Interaktion zwischen Touristen und Favelabewohnern widerspiegeln und wie dieser andererseits auf materieller Ebene in räumlich architektonischer Form greifbar werden. Mit dem Anspruch, uns der Komplexität des Phänomens der Umstrukturierung von Favelas in Rio de Janeiro auf einer Mikro-Ebene anzunähern, werde wir uns vordergründig auf die bereits befriedete Favela Santa Marta konzentrieren.

 

Wir möchte in diesem Projekt das Individuum in den Mittelpunkt stellen und somit fotografisch und ethnographisch erfassen, wie sich das Makro-Phänomen der Gentrifizierung in Einzelschicksalen und Alltag ausdrückt. Es geht darum, die Auswirkungen der Gentrifizierung in diesem besonderen historischen Moment zu reflektieren und mit einem kritischen Blick zu untersuchen. Die pazifizierten Favelas Rio de Janeiros bieten 2015 ein Szenario, in dem sich konfliktlastige Beziehungen zwischen Privatem und Öffentlichem, zwischen Stadtraum als konsumierbarem Produkt und Lebensraum, zwischen Innerem und Äußerem kritisch betrachten lassen. Es werden Fragen aufgeworfen, die nicht nur auf verschiedenste Favelas, sondern auch auf andere urbane Kontexte zu übertragen sind.

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